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Zur Zukunft von iOS und Apple in AlekSIS und der Schule

Der Tech-Monopolist Apple, der sich mit seinen Lock-Angeboten im Tablet-Bereich großer Beliebtheit in Schulen erfreut, kämpft mit immer abstruseren und offener feindseligen Maßnahmen gegen die Nutzung von Software anderer Hersteller sowie gegen die Regulierung seiner Marktmacht in der EU. Die jüngste Entscheidung zur Abschaffung von Progressive Web Apps unter der Vortäuschung von Sicherheitsgründung kann für AlekSIS und andere Open-Source-Projekte schwerwiegende Folgen haben.

Apple: Keine Progressive Web Apps mehr auf iOS-Geräten

Apple: Keine Progressive Web Apps mehr auf iOS-Geräten

Nach Stand vom 15. Februar 2024 hat Apple bestätigt, dass für Benutzer*innen innerhalb der EU künftig keine Nutzung so genannter Progressive Web Apps mehr möglich sein wird. Hinter der Bezeichnung Progressive Web App verbrigt sich eine Funktion, mit der sich Websites aus dem Browser heraus als App installieren lassen, so dass diese sich dann nahtlos wie native Apps in das System einfügen und komfortabel nutzen lassen. Auf diesem Weg ist eine vollkommen plattformunabhängige Bereitstellung von Apps möglich. Auch AlekSIS nutzt diesen Mechanismus, um als individuelles Schul-App auf Mobilgeräten installierbar zu sein.

Mit Berufung auf neue Regulierungsvorschriften der EU hat Apple in iOS 17.4 die Funktion zunächst ohne Ankündigung entfernt, was zu Sorge und Kritik von Entwickler*innen führte. Apples Argumentation gründet darauf, dass nach Inkrafttreten des Digital Markets Acts die Sicherheit von iOS-Geräten in Gefahr sei und sie unter anderem die PWA-Funktionalität deshalb zum Schutz ihrer Benutzer*innen entfernt hätten.

Apple: Keine Progressive Web Apps mehr auf iOS-Geräten

Digital Markets Act

Digital Markets Act

Das Gesetz über digitale Märkte ist ein Gesetz, das für die kommerzielle Verbreitung digitaler Angebote innerhalb der EU gilt und im November 2022 in Kraft getreten ist. Insbesondere regelt es Pflichten für so genannte Gatekeeper – Unternehmen, die aufgrund ihrer Marktposition, z.B. durch eine Monopolstellung, Einfluss auf die Verbreitung anderer Angebote nehmen können.

Apple wurde von den zuständigen Gremien insbesondere aufgrund zweier Positionen als Gatekeeper benannt:

  • Mit dem App Store als Gatekeeper für die Verteilung von Drittanbieter-Software auf iOS-Geräten, da hier eine Installation grundsätzlich nur über einen einzigen Kanal möglich ist und Apple die vollständige Kontrolle über die Bereitstellung von Apps ausübt
  • Mit Safari und seiner WebKit-Enginge für Browser-Funktionen auf iOS-Geräten, da bisher grundsätzlich keine alternativen Browser-Engines zugelassen waren und andere Anbeiter wie Firefox ebenfalls nur Varianten auf Basis der WebKit-Engine anbieten durften

Beides muss Apple nun bis März 2024 ändern: Sowohl andere Browser-Engines als auch alternative App-Stores müssen zugelassen werden, damit Apple seine Produkte weiterhin in der EU anbieten darf.

Digital Markets Act

Apple reagiert eingeschnappt

Apple reagiert eingeschnappt

Zum 25. Januar hat Apple zunächst ein neues Bezahlmodell zusammen mit der Möglichkeit, alternative App-Stores anzubieten, angekündigt. In Zukunft müssen Entwickler*innen grundsätzlich 50 Cent pro App-Installation bezahlen, wenn ihr App auf einem iOS-Gerät installiert wird. Die Gebühr wird unabhängig davon erhoben, ob die Installation über Apples eigenen App Store oder über einen alternativen App-Store installiert wird. Eine Gleichstellung alternativer Verbreitungswege mit denen von Apple ist also, im juristischen Sinne, wohl gegeben.

Aufgrund der Zulassung alternativer Browser-Engines hat Apple nun außerdem den Verbreitungsweg als PWA offiziell entfernt und beruft sich hierbei auf Sicherheitsbedenken. Mit der Zulassung alternativer Browser-Engines, so Apple, könnte die sichere Verwendung von Progressive Web Apps nicht mehr garantiert werden, da die Isolation vom restlichen System sowie von anderen PWAs nicht mehr unter Apples Kontrolle läge. Eine Argumentation, die so fadenscheinig ist, wie es nur irgendwie geht: Da jede PWA als reguläre Website in einem Browsertab genutzt werden kann, muss hier auch grundsätzlich von genau diesem Sicherheitsmodell ausgegangen werden. Progressive Web Apps bieten auf den meisten Plattformen eine höhere Isolation, indem sie von ihrem jeweiligen Browser in einer separaten Instanz, vergleichbar bspw. mit dem “privaten Modus”, ausgeführt werden.

Dass Apple sich hier nun aus vorgeschobenen Sicherheitsgründen als Hüter aufspielt, ist übergriffig – wenn sich ein*e Anwender*in für einen Browser entscheidet, dann ist dies eine Vertrauensentscheidung, die genau diese*r Anwender*in trifft. Apples Anspruch, hier Einfluss zu nehmen und Nutzer*innen dahingehend zu gängeln, dass sie ihnen und ihrem ausgewählten Browsern eine sichere Bereitstellugn von PWAs nicht zutrauen, kann schlüssig nicht erklärt werden. Es ist also offensichtlich, dass Apple hier ein perfides Geschäftsmodell verfolgt – denn Anbieter, die bisher Progressive Web Apps verteilt haben, sollen nun “alternative Verbreitungswege” nutzen. Gemeint sind hiermit Apples App Store oder ein alternativer App-Store, die ja nun auf iOS-Geräten verfügbar sind. Doch an beiden Wegen verdient Apple eben 50 Cent pro Installation.

Apple reagiert eingeschnappt

Keine Unabhängigkeit mit Apple

Keine Unabhängigkeit mit Apple

Erneut zeigt sich, dass Apples Geschäftsmodell allumfassend ist. Mit der Anschaffung und Nutzung von iOS-Geräten nimmt Apple eine umfassende Kontrolle für sich in Anspruch, die mit allen Mitteln verteidigt wird – und trägt die Konflikte zwischen seinen wirtschaftlichen Interessen und dem Verbraucherschutz auf dem Rücken seiner Kund*innen aus. Regulierungsversuche, die die Situation für diese Kund*innen verbessern sollten, werden gezielt in einer Form umgesetzt, die die Regulierungen außer Kraft setzen oder ins Lächerliche ziehen.

Das verstärkt das Bild, dass die von Apple für teures Geld angebotenen Smartphones und Tablets im Wesentlichen von vornherein Leihgeräte sind – denn die schlussendliche Kontrolle über die Nutzung hat in jedem Moment Apple. Freie Entscheldungen darüber, wie und für welche Funktionen iOS- Geräte genutzt werden, sind de facto nicht möglich. Allein diese Tatsache macht Apple-Geräte zu einer zweifelhaften Wahl für den Einsatz in der Bildung. Mit den neuesten Entwicklungen wird aber wieder einmal offenbar, wie stark Apples Absichten sind, Nutzer*innen in ihrem Ökosystem einzusperren und dass dies eine imminente Gefahr für die Sozialisierung und Vebrauchererziehung von Schüler*innen darstellt.

Für Software-Projekte wie AlekSIS, das als freie und Open-Source-Software ideologisch für Unabhängigkeit steht und insbesondere allen Schulen, Lehrkräften, Schüler*innen und Eltern einen gleichberechtigten Zugang zu Informationen garantieren möchte, hat Apples Entscheidung weitreichende Konsequenzen – denn sie zwingt uns, ebenfalls eine Entscheidung zu treffen, die in jedem Fall zu Lasten der Nutzer*innen ausfallen wird:

  • Kein Mobil-App mehr für iOS anzubieten (bisher als PWA) würde bedeuten, dass die Funktionalität, bspw. im Hinblick auf Offline-Fähigkeiten, auf iOS-Geräten stark eingeschränkt wird
  • Stattdessen ein natives App anzubieten würde bedeuten, dass der Zugang zu AlekSIS nicht mehr frei und kostenlos für Schüler*innen ist, da dann eine Schutzgeldzahlung an Apple pro Installation fällig wird

Die Situation ist prekär, da Apple in den letzten Jahren mit allen Mitteln für eine enorme Verbreitung in Schulen gesorgt hat und sich durch hohen Marketing-Aufwand ein Image verschafft hat, das sie in vielen Lehrerkollegien als alternativlos gelten lässt. Die reduzierte Nutzbarkeit von Open-Source-Software auf iOS-Geräten fällt daher häufig auf diese zurück statt auf das zugrundeliegende Kontrollverhalten von Apple.

Es ist daher höchste Zeit, dass der Widerstand gegen Apple- und andere von Lobbyismus geprägte Angebote steigt und die Politik endlich in signifikantem Maße in digitalsouveräne, offene Angebtoe investiert, statt Schulen weiter Geschenke in Millionenhöhe von Apple, Microsoft & Co. zu vermitteln.

Update / Korrektur: Aktuell nicht betroffen sind Geräte mit iPadOS, da Apples Gatekeeper-Einstufung sich nicht in das Tabelt-Marktsegment erstreckt. Allerdigns bedeutet dies umgekehrt auch, dass ausgerechnet Schüler*innen und Schüler mit Millionen von der oder für die Schule angeschafften iPads nicht von den neuen Wettbewerbsregeln der EU profitieren.

Keine Unabhängigkeit mit Apple